Seit letztem Jahr bin ich digitaler Staatsbürger in Estland und seit geraumer Zeit beschäftige ich mich mit den Themen Mobile Payment und Fintech. Dementsprechend war ich sehr begeistert und auch extrem überrascht, dass der Staat Estland jetzt gemeinsam mit dem britischen Startup Revolut zusammenarbeitet. Was bedeutet dieses aber nun genau?
Ich bin selbst bereits seit fast einem Jahr Privatkunde bei Revolut. Das ist eine Bank, bei der ich die Möglichkeit habe, in einem Konto mehrere Währungskonten zu führen und zwischen diesen Währungen problemlos, schnell und zum Interbankenkurs zu wechseln. Auch Kryptowährungen werden angeboten. All das hat Revolut zu meiner favorisierten Bank jenseits der etablierten – deutschen – Geldinstitute werden lassen.
Auch gefällt mir der konsequent mobile Ansatz von Revolut sehr gut. Denn für Privatkunden gibt es die App. Physischen Karten gibt es natürlich auch, zusätzlich funktioniert Revolut auch mit Google Pay. Ein Interface am Desktop sucht man vergebens. Das gibt es halt einfach nicht, damit muss man leben. Das Startup hat so aber sichergestellt, dass der Fokus hundertprozentig auf der mobile App liegt und dort alles rund läuft.
Der Staat Estland und das Fintech Revolut
Estland arbeitet nun mit Revolut zusammen und will dadurch den digitalen Staatsbürgern neue Möglichkeiten eröffnen. Das wäre fast so, als ob die Bundesrepublik Deutschland mit der Direktbank N26 bei Unternehmensgründungen in Deutschland zusammenarbeiten würde. Bei uns praktisch undenkbar, in Estland anscheinend kein Problem.
Das e-Residency-Programm von Estland ist dazu gedacht, die Gründung von Unternehmen im eigenen Land zu fördern. Es soll Barrieren für Unternehmensgründungen so niedrig wie möglich halten oder gar entfernen. Und daran wird kräftig gearbeitet. In diesem Kontext wurde mit dem Startup überlegt, wie die digitale Bank seine Möglichkeiten für Geschäftskunden im Rahmen der e-Residency einbringen kann – zum Beispiel durch Onlinekonten.
Der Businessaccount von Revolut
Die digitale Bank bietet neben Privatkonten auch Geschäftskonten an, die eine Weboberfläche besitzen. Das ist auch sinnvoll, da Unternehmen hier beispielsweise mehrere Bankkarten der Mitarbeiter verwalten können. Das ist an einem Bildschirm deutlich übersichtlicher. Dazu kommt die Möglichkeit, über 25 Währungen mit eigenen Konten – also auch mit einer eigenen IBAN – für das Unternehmen zu verwalten. Überweisungen zwischen den einzelnen Konten als auch zu externen Konten sind schnell und zu tagesaktuellen Kursen möglich.
Im Rahmen der e-Residency in Estland gibt es die Möglichkeit einer dreimonatigen Testphase von Revolut Business. Per Mail erhalten die digitalen Staatsbürger einen Link, über den sie sich für einen Businessaccount anmelden können. Normalerweise bietet die digitale Bank eine 14-tägige Testphase an, die den meisten eventuell nicht reicht, um eine finale Entscheidung zu treffen. Nach den drei Testmonaten fallen Kosten an. Dabei starten einfache Freiberufler mit 6,99 Pfund pro Monat und Unternehmen zahlen zwischen 25 und 1.000 Pfund pro Monat – wobei die höchste Stufe Unternehmen betrifft, die mehr als 1 Million Pfund Umsatz pro Monat generieren.
Konsequent weitergedacht
Dass ein Staat mit einem Fintech Startup zusammenarbeitet, hätte ich mir vorher nicht vorstellen können. Aber das ganze Konzept der digitalen Staatsbürgerschaft hat Estland konsequent weitergedacht. Das Land sucht Wege, um Firmengründungen im eigenen Land wirklich voranzutreiben und die Kooperation mit Revolut ist ein weiterer, richtiger Schritt.