Seit letzten November bin ich nun e-Resident – also ein digitaler Staatsbürger – in Estland. Was das nun genau bedeutet, wie die Beantragung abläuft und warum ich mich dafür entschieden habe, das möchte ich Euch nun einmal erzählen.
Seit 2014 bietet Estland jedem EU-Bürger die digitale Staatsbürgerschaft. Damit erhält der e-Resident nicht automatisch ein Wahlrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis im Land. Vielmehr steht ihm derselbe Zugang zu digitalen, behördlichen Diensten offen wie den Estländern. Das Land erhofft sich davon ein Wirtschaftswachstum, weil es so einfacher geworden ist, eine Firma zu eröffnen und Geschäfte abzuwickeln.
Wirtschaftswachstum durch digitale Infrastruktur
Mittlerweile muss man praktisch auch für Nichts mehr vor Ort erscheinen. Sogar für die Eröffnung eines Bankkontos gibt es mittlerweile einen Dienstleister. Es hat sich also schon eine Infrastruktur rund um die die e-Residency gebildet. Davon profitiert wiederum das estnische Wirtschaftswachstum.
Die Regierung von Estland will bis zum Jahr 2025 zehn Millionen elektronische Staatsbürger gewinnen und idealerweise die Zahl der ansässigen Unternehmen auf 160.000 verdoppeln. Und all dies mit einer ID-Karte und Dokumenten, die digital authentifiziert werden können. Sehr spannend und für mich ein Grund, das doch einmal auszuprobieren. An Geschäftsideen mangelt es mir ja nun wirklich nicht.
Der Online-Antrag
Den Antrag zur e-Residency fülle ich schnell und einfach unter e-resident.gov.ee aus. Neben den abgefragten Daten wie Name, Herkunft, etc. muss ich aber noch einen gut lesbaren Scan oder ein Foto der Vorder- und Rückseite meines Personalausweises hochladen. Das biometrische Passfoto darf auch nicht fehlen.
Neben diesen Formalitäten und den Kosten von 100 Euro muss ich auch noch einen Grund angegeben, warum ich e-Resident werden möchte. Der Grund muss frei formuliert sein. Es reicht aber wohl auch aus, einfach die elektronische Staatsbürgerschaft gut und interessant zu finden – jedenfalls hat das ein Freund angegeben und es wurde auch akzeptiert. Ich kann auch festlegen, in welcher estnischen Botschaft ich meine Dokumente abholen will. Das kann in London oder in Amsterdam sein – ich wähle aber Berlin.
Abholen in Berlin
Danach heißt es erst einmal: Warten. Nach 15 Tagen bekomme ich eine Mail. Estonian Police and Border Guard Board hat meinen Antrag angenommen und verschickt mein Starterkit – also meine ID-Karte und das passende Lesegerät. Nach weiteren 19 Tagen bekomme ich per Mail die Info, dass nun alles in Berlin wäre. Ich solle telefonisch einen Termin für die Abholung vereinbaren. Da mein Freund Markus bereits zwei Wochen vorher für uns beide einen Doppeltermin gemacht hatte, muss ich den Termin nur kurz bestätigen.
Vor Ort in Berlin liegt alles bereit. Markus und ich müssen dann nur noch zwei Fingerabdrücke abgeben. Sie werden als biometrisches Sicherheitsmerkmal mit unserer ID-Karte verknüpft. Die sehr nette Mitarbeiterin erklärt uns dann kurz das Starterset und nach 15 Minuten sind wir schon wieder voll ausgerüstet draußen auf den Straßen Berlins. Laut Botschaft dauert es noch maximal 24 Stunden bis alles validiert und die Karte zur Nutzung freigegeben ist.
Erste Schritte als e-Resident
Das USB-Lesegerät aus dem Starterkit kommt als kleiner USB-Stick daher. Mit einem USB-C Adapter funktioniert dieser Stick auch einwandfrei an einem MacBook der neueren Generation. Ich richte also alles über die Webseite, über die ich mich auch registriert habe, ein. Dafür installiere ich eine App aus dem Mac AppStore – es gibt ebenfalls Versionen für Windows und Ubuntu – sowie ein paar Browser Plug-ins. Danach steht den digitalen Geschäftsplänen nichts mehr im Wege.
Was sind aber nun die nächsten Schritte bzw. Geschäftspläne für mich? Ich weiß es noch gar nicht so genau. Bei einem Bier noch am selben Abend planen zumindest Markus und ich einen Besuch in Tallin. Wenn wir schon elektronische Staatsbürger von Estland sind, dann müssen wir uns das Land auch mal angucken – auch, wenn das natürlich so gegen die Idee geht, dass wir durch unsere e-Residenz eben für nichts vor Ort auftauchen müssen. Meine weiteren Aktivitäten rund um meine elektronische Staatsbürgerschaft – ob vor Ort in Estland oder digital in Deutschland – werde ich natürlich hier im Blog dokumentieren.
Erste Schritte als e-Resident
Weil ich generell ein paar Ideen für Projekte in Estland habe, liegt es nah, dass ich mein Portfolio an Domains um Estland erweitere. Da mein Hoster ALL-INKL.COM leider die Top-Level-Domain .EE nicht im Angebot hat, checke ich die Auswahl bei United Domains. Die wollen für ein Jahr stolze 130 Euro haben. Durch meine Domain in den arabischen Emiraten weiß ich aber, dass der Kauf direkt vor Ort bei einem lokalen Dienstleister immer eine günstigere Option ist.
Auch in Estland werd ich schnell fündig und so registriere ich achimhepp.ee bei Zone.ee für knappe zehn Euro im Jahr. Ich kann dann problemlos den Nameserver ändern und die Domain auf meinen Hoster in Deutschland aufschalten – alles reibungslos und innerhalb von Minuten.
Ich hätte die Dokumente direkt mit meiner ID-Karte digital signieren können, wobei das bei einem Domainkauf nun nicht wirklich nötig ist. Aber es fällt halt auf, dass die digitale Signatur direkt integriert ist und der Kunde hiermit eine sicherheitsrelevante Option hat. Ich bin daher gespannt, wie und wo mir noch digitale Möglichkeiten als e-Resident von Estland über den Weg laufen werden.
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