Durch Zufall habe ich vor ein paar Wochen entdeckt, dass es dieses Jahr mit der W:O:A Card bargeldloses Bezahlen auf Wacken geben soll. Tolle Sache! Da muss ich hin und das am durstigen Selbst auch ausprobieren. Die Webseite erklärt – neben Einrichtung und Nutzung – die Vorteile und Risiken gegenüber Bargeld. Das wird natürlich auch weiterhin akzeptiert.
Tag 1. W:O:A Card einrichten und betanken
Da stehen wir also am ersten Tag im Bullhead Zirkus und wollen irgendwelche Musik von alten Bands hören, die ich nur von Buttons aus den 70ern kenne. Und dann brauchen wir natürlich Bier. Das ist eine prima Chance, ich mache das bargeldlos!
Also iPhone raus, Wacken-App laden und den Bereich Cashless aufrufen. Dort kann ich meine W:O:A Card für die spätere Rückzahlung mit meinem Bankkonto verknüpfen und mit Guthaben aufladen. Das ganze läuft über den Dienstleister simply-X. Es werden die üblichen Daten abgefragt und am Ende muss das Konto via E-Mail bestätigt werden. Die Eingabe der 14-stelligen Nummer der W:O:A Card war mühsam. Da wäre eine Lösung mit abfotografieren einfacher und weniger anfällig für Fehler.
Die W:O:A Card kann nach der Einrichtung über eine Kreditkarte – nur VISA oder MasterCard – oder via Paydirekt vom Girokonto mit Guthaben betankt werden. Das fängt bei fünf Euro an, was einem Bier inklusive Pfand entspricht. Ich entscheide mich für 50 Euro und bekomm direkt die Bestätigung als Push-Nachricht. Prima. Also dann durstig auf zum nächsten Bierstand, wo mich schon das Lesegerät für die Karte von Weitem anlacht.
Die erste Enttäuschung
Zwei Bier geordert und ich halte freudestrahlend meine W:O:A Card vor das Lesegerät. Das blinkt – gefühlt viel zu lange – und präsentiert die Fehlermeldung das nicht genug Guthaben drauf ist. Der Mitarbeiter guckt mich an, ich gucke dumm zurück und sage dass ich die gerade aufgeladen hätte. Also noch ein Versuch und wieder dieselbe Fehlermeldung. Zum Glück hatte ich noch zehn Euro in der Tasche, praktisch mein letztes Bargeld.
Zum Abschied meinte der Mitarbeiter, dass es vielleicht dauere bis das Geld auf der Karte ist und ich wundere mich schon jetzt, da es in der App ja eindeutig geladen wurde. Vielleicht muss sich das System synchronisieren? Aber egal, von der Technik enttäuscht aber mit Bier zurück.
Danach guck ich in meine Bestätigungsmail uns lese: „Dein Guthaben muss nun noch aus der ‚virtuellen Welt‘ in die ‚reale Welt‘ geholt werden und auf Deine Karte geschrieben werden„. WTF?! Ich muss jetzt also das Geld auf der Karte nochmal separat an einer Infosäule aktivieren?! So hatte ich mir das ja nicht vorgestellt! Ich hab auf die Schnelle auch keine Lust über das Gelände zu wandern und eine Infosäule zu suchen. Tag 1 war dann wohl also nix mit bargeldlos auf Wacken für mich.
Tag 2. W:O:A Card aktivieren und ausprobieren
Aufgestanden und nach Ankunft vor dem Festivalgelände erst einmal die Station gesucht, an der ich meine W:O:A Card aktivieren kann. Die stehen zwar an verschiedenen Orten, aber halt nicht an jeder Ecke. Man muss also auch das wiederholte Aufladen planen, denn jede Aufladung muss aktiviert werden. Damit ist zumindest der Faktor Flexibilität und Verfügbarkeit hin, welcher für mich beim bargeldlosen Bezahlen sehr wichtig ist.
In einem Zelt neben den Infoständen waren dann vier Terminals zur Validierung zu finden. Ich halte meine W:O:A Card unter eines der Terminals und ein Display zeigt mir die aufgeladene Summe und die Aktivierung an. Das geht zumindest fix und einwandfrei.
Das Zelt an sich war am Anfang gar nicht besucht, in den zehn Minuten, die ich davor verbrachte; kamen jedoch regelmäßig Personen. Überraschenderweise – der Sprache nach zu urteilen – meist Ausländer. Oder auch nicht überraschenderweise, wenn man dran denkt, wie verbreitet bargeldloses Zahlen in anderen Ländern ist. Hin und wieder schien aber auch der ein oder andere überfordert zu sein: Sie standen rätselnd vor den Terminals – wohl in der Annahme, dort direkt Geld via Kreditkarte draufbuchen zu können.
Ansonsten kam die W:O:A Card an diesem Tag bei mir regelmäßig zum Einsatz. Gefühlt funktioniert die Validierung beim Bezahlvorgang etwas länger als beim kontaktlosen Zahlen via Kreditkarte, wie beispielsweise im Supermarkt. Ab und zu war auch mal ein Terminal nicht funktionsfähig, dann ging ein Mitarbeiter einfach zur nächsten Kasse und hat dort den Zahlbetrag in die Kasse eingebucht und von der W:O:A Card abgebucht. Andere Festivalteilnehmer setzten die Karte nach meiner Beobachtung weniger ein, an den meisten Ständen war ich oft der Einzige.
Mein Fazit zur Karte und bargeldlosem Bezahlen auf Wacken
Vorneweg frage ich mich, was ich mich immer bei ähnlichen Lösungen – egal wie gut oder wie schlecht sie funktionieren – frage: Warum ein proprietäres System einsetzen, wenn es mit kontaktlosen Bezahlen via Kreditkarten – mit und ohne Guthaben – ein gut funktionierendes und etabliertes System gibt. Jetzt kann man vielleicht argumentieren, dass nicht jeder eine entsprechende Kreditkarte besitzt. OK, aber warum dann nicht eine Karte vor Ort anbieten, die auf dem bestehenden System aufsetzt? Inwieweit das technisch und wirtschaftlich möglich ist, weiß ich nicht. Interessanterweise gibt es mit der Wacken Card auch eine offizielle lizensierte Kreditkarte, die allerdings laut Webseite keine kontaktlose Zahlungsfunktion hat. Hier würde es für mich Sinn machen diese entsprechend mit der NFC-Technik – die die W:O:A Card übrigens auch nutzt – zu erweitern, unter dem Festivalvolk zu vermarkten und dann auch für das bargedlose Bezahlen einzusetzen. Zumindest kann man mit der Wacken Card auch seine W:O:A Card mit Guthaben aufladen, das ist ja schon emal was.
Modernes Zahlungsmittel oder digitale Wertmarke?
Im Prinzip ist die W:O:A Card eine Guthabenkarte. Am Ende des Festivals wird verbliebene Guthaben automatisch auf das eigene Konto zurück überwiesen. Da können sich andere Veranstaltungen – zum Beispiel die Pollerwiesen in Dortmund – mal eine Scheibe abschneiden. Dort wurde zumindest 2017 noch mit Wertmarken in 50 Cent-Schritten gearbeitet, die noch nicht einmal bargeldlos gekauft werden konnten. Überschüssige Wertmarken konnten nach – gefühlt – einer Stunde Schlange stehen zurückgegeben werden. Ein vorsintflutliches und besucherunfreundliches Konzept, aber natürlich auch eine Geschäftsidee. Denn viele Besucher werden kleinere Beträge aufgrund der Schlange gar nicht zurücktauschen. Das ist Alte-Welt-Denke für mich. Wer schon einmal in einem Londoner Pub sein Pint Bier durch Auflegen einer NFC-Kreditkarte bezahlt hat – von Apple Pay will ich mal gar nicht reden – der weiß, wie eine moderne Zahltransaktion schnell und effektiv ablaufen kann.
Am Ende ist hier die Guthabenkarte dann auch eher digitale Wertmarke als modernes Zahlungsmittel. Ich kann nur so viel ausgeben, wie ich vorher „gekauft“ habe. Durch die einzelnen Schritte vom Guthaben aufladen bis zur nötigen Aktivierung nach jeder Aufladung, fehlt jegliche Flexibilität und Verfügbarkeit des Zahlungsmittels. Positiv ist allerdings zu erwähnen, dass das übriggebliebene Guthaben automatisiert auf das hinterlegte Bankkonto zurücküberwiesen wird. Zumindest wird das vom Veranstalter versprochen und es kam auch direkt am Folgetag eine E-Mail die darüber informierte.