21. Dezember 2014 Achim Hepp

Schlechte Kommunikation und Kundeneliminierung bei Lieferando

[Dieser Beitrag wurde ursprünglich für das Firmenblog der Digitalagentur malihina medien geschrieben.]

Kundenkommunikation ist das A und O für eine erfolgreiche Kundenbindung. Dieses bedeutet eine schnelle und zielgerichtete Kommunikation mit dem Kunden. Ein Paradebeispiel für das komplette Gegenteil – mitsamt einem für mich unglaublichen Ende – hat mir nun Lieferando geliefert, im wahrsten Sinne des Wortes.

Zum Nikolaustag 2014 gab es bei Lieferando den #GratisSchlemmerTag. Es wurden zu einer bestimmten Uhrzeit 50.000 Essensgutscheine zu 8 Euro verschenkt. Leider ist die Firma unvorbereitet in diese Aktion gestartet, die Server brachen ein und sorgten bei vielen Kunden für mehr Frust als Lust. Daraus resultierend gab es mehr als ein Problem und der ganze Vorfall ist ein gutes Beispiel wie eine Firma in ihrer Kommunikation zur Schadensbegrenzung auf ganzer Linie versagt. Das arbeite ich noch separat in einem Artikel auf, ist aber als Hintergrund für diesen Artikel hilfreich zu wissen.

Schlechte Kundenkommunikation auf ganzer Linie

Auch bei mir gab es Probleme und Ärger mit dem Gutschein. Darauf resultierend habe ich dann einmal geguckt, ob ich – in der Verärgerung des Moments – mein Kundenkonto mitsamt aller Daten löschen könne. Erwartungsgemäß gibt es diese Möglichkeit – wie auch bei vielen anderen Diensten – nicht, bzw. ist diese eventuell gut auf der Webseite versteckt. Vielleicht auch gut so, denn manchmal macht der ein oder andere auch etwas aus dem Affekt heraus. Für mich nun aber ein Grund nachzufragen. Dafür habe ich den schnellen Weg via Twitter gewählt.

Jetzt gibt es eigentlich nur eine richtige Möglichkeit für eine Firma zu antworten. Als Firma würde ich mich wundern warum ein Kunde so etwas fragt und nachhaken, ob denn was schief gelaufen ist. An dem Tag hätte Lieferando sich den Grund sogar denken können, da ja mehr als ein Kunde verärgert wegen der misslungenen Aktion war. Alternativ könnte die Firma dieses auch einfach ignorieren und dem Kunden mitteilen, wie er sein Konto löscht, das wäre zumindest eine klare – wenn auch falsche – Antwort. Was hat der Twitter-Account von Lieferando nun gemacht?

Zeitlich ist das ganze für eine Firma dieser Größenordnung ja noch im Rahmen, aber inhaltlich ist es natürlich komplett am Kunden vorbei und an Ignoranz schwer zu überbieten. Eine Antwort der Qualität Textbaustein mit der Aufforderung die Anfrage über einen anderen Kanal – in diesem Fall E-Mail – zu wiederholen.

Erzwungener Kanalwechsel bei Lieferando: Von Twitter zu Mail

Nachdem ich mich von dieser Überraschung erholt hatte, habe ich am nächsten Tag um 14:43 folgende Mail an den Support geschickt.

Hallo Support-Team,

laut Twitter-Account soll ich mich an euch wenden. Ich möchte gerne wissen, wie ich mein Konto bei euch mit allen Daten löschen kann.

Viele Dank,
Achim Hepp

Kurz drauf bekam ich eine Antwortmail, die mich dann auch wieder den Kopf schütteln ließ.

Sehr geehrter Kunde,

die Bearbeitung kann je nach Anfrage einige Tage in Anspruch nehmen.
Wir bitten um Ihr Verständnis und melden uns schnellstmöglich zurück.

Bei dringenden Anfragen( z.B. zu Lieferzeiten oder bei Falschlieferung) bitten wir Sie, sich zuerst beim betreffenden Lieferdienst zu melden und Ihr Anliegen dort zu schildern.

Sie können uns auch persönlich täglich von 11 bis 22 Uhr telefonisch oder über den Chat (www.lieferando.de/chat) erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr lieferando Service Center

Ich werde hier also informiert, dass eine Antwort einige Tage in Anspruch nehmen kann. Alternativ werde ich abgewiegelt und soll mich an den entsprechenden Lieferdienst wenden bzw. wieder auf andere Kanäle zur Kommunikation verwiesen. Zusätzlich heißt der Support nun Service Center, aber gehopst wie gesprungen … weder Support noch Service gab es bislang. Also abwarten, denn noch einmal den Kanal wechseln und anrufen bzw. chatten wollte ich nun auch nicht mehr.

Lieferando meldet sich nach 10 Tagen

Abwarten. Also, um genau zu sein, 10 Tage lang abwarten. Im Ernst. Fast volle 10 Tage braucht Lieferando um eine Antwort zu senden. An sich schon jenseits von Gut und Böse, aber was als Antwort kam, hat mich kurz sprachlos werden lassen.

Sehr geehrter Herr Hepp,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Wir finden es wirklich schade, dass Sie Ihren Account löschen lassen wollen.

Ihrem Wunsch sind wir selbstverständlich nachgekommen und haben Ihren Account erfolgreich gelöscht.
Wenn Sie uns die Gründe zu Ihrer Entscheidung mitteilen, würden wir uns darüber freuen.

Falls dennoch Interesse besteht unsere Dienste erneut in Anspruch zu nehmen, zögern Sie bitte nicht sich jederzeit kostenfrei wieder einen lieferando-Account anzulegen.

Mit freundlichen Grüßen

K. Xxxxxxxxx

Customer Service Professional

Ich wollte also eine Information haben und als Ergebnis wurde eine Aktion durchgeführt und mein Kundenkonto gelöscht. Ein Kundenkonto mit mehreren Bonuskarten und anderem Krimskrams von Lieferando. Ohne dass ich irgendwo dazu aufgefordert hatte, auch wenn es vielleicht darauf hinausgelaufen wäre. Das hätte weder der Mitarbeiter bei Twitter, noch der Customer Service Professional via Mail abschätzen können. Was heißt auch können, es geht ja eigentlich darum einen Kunden zufriedenzustellen und zu halten. Selbst wenn ich den Support aufgefordert hätte mein Konto zu löschen, dann hätte dieser – meiner Meinung nach – erst einmal nachfragen müssen. Warum? Was ist passiert? Dieses ist alles nicht passiert. Und die Nachfrage nach der nicht geforderten Aktion der Löschung in der Mail? Die hat auch eher den Charme eines Textbausteins und nicht die eines Interesses an einer nachhaltigen Kundenbindung und -schätzung.

Lieferando wirbt aggressiv für Neukunden

Lieferando wirbt einerseits aggressiv – und auch teuer – für Neukunden und gibt anderseits aktive Bestandskunden einfach auf.

Fazit: Lieferando will mich einfach nicht!

Warum jetzt bei Lieferando im Prinzip alles in der Kundenkommunikation falsch gelaufen ist, kann ich nicht beurteilen. Auf Twitter wurden als Reaktion auf mein Erlebnis direkt wieder Praktikanten als Grund eingeworfen, aber selbst diese sollten in den Basisprinzipien zur Kundenkommunikation geschult sein. Weder zeitnah, noch ohne Wechsel des Kommunikationkanals, noch inhaltlich wurde hier irgendwas richtig umgesetzt. Sondern per se das komplette Gegenteil. Und auch wenn wir anbringen würden, dass da eine Person einen Aussetzer gehabt hat, dann hat diese Person mit der unbedachten Löschung eines – sehr aktiven – Kundenkontos einen kapitalen Fehler gemacht. Davon losgelöst und immer noch als Grundlage, Kundenkommunikation hat zeitnah und direkt stattzufinden. Kunden über verschiedene Kanäle zu schicken und tagelang auf eine Antwort warten zu lassen ist alte Schule. Alte Schule, wo Kunden kein Forum hatten und reine Geldbringer für Unternehmen waren.

Unterm Strich bin ich im Prinzip immer noch sprachlos. Kundenakquise kostet Geld und Lieferando lockt ständig mit Gutscheinen um (Neu-)Kunden auf die Plattform zu bekommen. Und hier werden Kunden einfach eliminiert, also im Prinzip Geld verbrannt. Das können die sich anscheinend leisten. Und wir alle können und sollten aus diesem schlechten Beispiel lernen und es besser machen. Das ist nämlich nicht so schwer und gerade für KMUs eine Riesenchance um großen Firmen und Unternehmen Paroli zu bieten.

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Achim Hepp

#machen | Achim ist Digitalexperte, Speaker und Creator. Er veröffentlicht Fachbeiträge in verschiedenen Zeitschriften, sowie hält er Vorträge und Workshops zu seinen Themen. In dieser Funktion ist er im In- und Ausland unterwegs, wobei er immer die Augen nach digitalen Trends aufhält.